Unten

Gespräche mit Armen

Die Armut wächst und wen interessiert das. „Niemand muss verhungern in Deutschland“, heißt es trotzig. Es ist die Zeit der Statistik-Jongleure und Politiker, die Zahlen schönreden und Menschen wie in Schubladen verwalten. Die neue Armut sieht man nicht. Der Mann in der U-Bahn hat eine Iso-Matte über den Rucksack geschnallt. Er sieht aus wie Du und Ich. Aber jeden Abend fährt er raus zum Flughafen und legt sich dort ins Freie.

Der Film Unten unternimmt den Versuch, mit Armen ins Gespräch zu kommen. Aber sie nicht aufs Arm sein zu reduzieren. Und sich nicht mit falschem Pathos über sie zu beugen. Schlicht ausgeschlossen zu sein von dem, was normal ist – an dieser Stelle verbreitert sich der Riss durch die Gesellschaft, und mit ihm wächst die Einstellung: die sind selbst dran schuld.

Unten zeigt Bruchstücke von Lebensgeschichten, von Menschen, die selber fast zu Bruch gegangen sind und die doch eines nicht verloren haben: ihren Witz, ihre Lebendigkeit, ihre Würde. Unten ist kein Film über die Armut in Deutschland, und die Gesprächspartner sind keine perfekten Stichwortgeber für den abendlichen Fernseh Grusel im warmen Sessel. Aber er kann vielleicht ein wenig den Panzer jener allzu sicheren Selbstgewissheit sprengen, die lautet: „Mir kann das nicht passieren.“. Er ist in Frankfurt gedreht. Er könnte in jeder großen Stadt spielen.

Buch/Regie: Mischka Popp/Thomas Bergmann | Kamera: Jörg Jeshel | Schnitt: Susanne Lechner | Ton: Dieter Schulz | Redaktion: Elmar Hügler | Produktion: Radio Bremen / Pilotfilm GmbH | DE 1994 | 45min

Süddeutsche Zeitung: “Sie lassen die Ausgestoßenen unserer Gesellschaft erzählen von ihren Ängsten und Alpträumen (…), von ihrer Scham, ihren Hoffnungen und ihren Glücksmomenten. Der Ausflug ist berührend und schmerzhaft – und die Gesichter bleiben. Danach fällt es schwerer zu sagen: “Die sind doch alle selber schuld.”